12. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst

Messy Glossary

Begriff

Amnesie

Texte

Vorgeschlagen von Yanka Smetanina

Amnesie ist eine Gedächtnisstörung, die durch ein psychisches oder organisches Trauma verursacht wird. Aufgrund der unvermeidlichen Angst vor dem Gedächtnisverlust und des schönen Namens wird die Amnesie in der Gesellschaft oft romantisiert und als einfacher Ausweg aus einer unangenehmen Situation oder als ultimative Freiheit verkauft. Aber selbst bei vorübergehenden Beeinträchtigungen sieht es bei näherer Betrachtung nicht so romantisch aus: Mit dem Verlust des Gedächtnisses verliert man auch die Fähigkeit zur Kommunikation, einen Teil der Persönlichkeit, des Selbsts. Was ist zum Beispiel über die soziale/historische Amnesie zu sagen, die nicht nur eine Folge schwerer traumatischer Perioden der Geschichte sein kann, sondern auch ein ständiger Gegenstand der Manipulation durch die dominanten Gruppen der Gesellschaft, um ihre Narrative zu konstruieren? Bei einer absoluten Ablehnung der Vergangenheit besteht die Gefahr, dass sich historische Fehler wiederholen, wofür jeder Krieg ein klassisches Beispiel wäre.

Auf der anderen Seite führen Denker:innen und Künstler:innen einen erbitterten Kampf gegen den Verlust des Gedächtnisses durch Musealisierung und das Globale Archiv und sehen sich mit einem neuen Phänomen konfrontiert: dem digitalen Gedächtnis und folglich der digitalen Amnesie. Der moderne Mensch führt ein weitgehend aktives elektronisches Leben und hinterlässt in der Realität weniger Artefakte als die Menschen der Vergangenheit.