PEROU – Pôle d’Exploration des Ressources Urbaines

PEROU – Pôle d’Exploration des Ressources Urbaines leben und arbeiten in Lyon, Marseille und Paris, FR

 

Ris-Orangis, ein Vorort von Paris, Frühjahr 2013. Ein Stück Land, „terrain vague“ wie man es hier nennt, ein Ort, der im Entstehen begriffen ist, ein Ort mit Potenzial, der etwas erwartet. Wenn dann jedoch Männer, Frauen und Kinder aus der Not heraus beschließen, diesen Ort zu bewohnen, um ein Dach über dem Kopf zu haben, um leben, einander begegnen, lernen und manchmal auch tanzen zu können, schickt der Bürgermeister einen Bescheid, um alles Vage auf dem „terrain vague“ zu unterbinden. Der städtische Bescheid Nr. 2013/147 weist ausdrücklich darauf hin, wem dieses Stück Land gehört und wer eine Verordnung gegen das Recht zu leben durchsetzen kann. In ihm werden die verschiedenen Ebenen der Regulierung deutlich, die von bestimmten Menschen, nämlich wohlhabenden Europäer:innen, ausgearbeitet wurden – angeblich, um die Sicherheit jener anderen Menschen zu gewährleisten, die dort unter prekären Umständen versuchen zu leben und ihre eigenen Wege finden zu überleben, zu atmen und zu lachen. In dem Bescheid wird die Baufälligkeit der Behausungen bemängelt, die Gefahr von Bränden und Stromschlägen und die Nähe zur Schnellstraße. Kurzum, all die Gefahren, die den dort Lebenden drohen. Doch aus dem Papier spricht nicht die Sorge um deren Leben, denn sie sind illegal. Geschützt werden nur jene, die den auf dem „terrain vague“ Lebenden und deren Gemeinschaft mit Gewalt begegnen. Dieser Film zeigt, was der Bescheid ausblendet.

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PEROU – Pôle d’Exploration des Ressources Urbaines, Considérant qu’il est plausible que de tels événements puissent à nouveau survenir [In Anbetracht dessen, dass solche Ereignisse erneut eintreten könnten], 2015, Video, Farbe, Ton, 28’35’’, Videostill, Courtesy Sammlung Frac Franche-Comté © Sébastien Thiéry

Alles, was geschaffen wurde, wird letztlich zerstört. Das ist die Wirkungsmacht dieses Bescheides. Am 3. April 2013 um sechs Uhr morgens vertreibt die Polizei alle, die hier leben, und die Bagger machen sich an die Arbeit. Sie verwandeln das Hüttendorf wieder in ein lebloses „terrain vague“. Was bleibt, sind Bilder von Festen und das Wissen, das es zu verbreiten gilt, um sich weiterhin ein Dasein in den Zwischenräumen dieses Europas vorstellen zu können.

Olivier Marboeuf

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PEROU – Pôle d’Exploration des Ressources Urbaines, Considérant qu’il est plausible que de tels événements puissent à nouveau survenir [In Anbetracht dessen, dass solche Ereignisse erneut eintreten könnten], 2015, Video, Farbe, Ton, 28’35’’, Videostill, Courtesy Sammlung Frac Franche-Comté © Sébastien Thiéry

Ausstellungen

 

Dans le Tourbillon du Tout-Monde, 2020, Académie de France à Rome – Villa Medici, Rom (IT)

Réinventer Calais. Commande photographique CNAP-PEROU, 2019, Centre Photographique d’Île-de-France, Pontault-Combault (FR) (solo)

16th Venice Biennale of Architecture: Freespace, 2018, La Biennale di Venezia, Venedig (IT)

Des Actes, 2018, Le Consulat Gaïté, Paris (FR) (solo)

15th Venice Biennale of Architecture: Reporting from the Front, 2016, La Biennale di Venezia, Venedig (IT)