Mayuri Chari lebt und arbeitet in Goa, IN

 

Mayuri Chari macht sich die portugiesische Praxis des Nähens von Aussteuer, die von ihrer Familie in Goa während der Kolonialzeit übernommen wurde, als Vokabular des feministischen Dissenses zu eigen. Die Künstlerin näht Gespräche, die sie mit ihrem Körper führt, auf Stoff und hält so dessen Präsenz in Raum und Zeit fest. In der patriarchalischen Gesellschaft Indiens ist der weibliche Körper oft ein umstrittener Ort der Kontrolle, Kritik und Gewalt. Die öffentliche Zurschaustellung von Nacktheit ist verpönt – ein Überbleibsel viktorianischer Dogmen aus der Kolonialzeit. Diese wurden in einen neofaschistischen Moralkodex überführt, der vorgeblich Indigene Werte aus alten religiösen Texten wiedergibt.

In der Installation I Was Not Created for Pleasure [Ich wurde nicht zum Vergnügen erschaffen, 2022], die auf der 12. Berlin Biennale zu sehen ist, verhöhnt Chari mit an einer Wand angebrachten Kuhfladen die Tradition, menstruierende Frauen aus dem Haus zu verbannen. Sie gelten als unrein, während die Verwendung von Kuhdung als Brennstoff und in religiösen Reinigungsritualen akzeptiert wird. Seit Tausenden von Jahren werden in indischen Miniaturen sinnliche Formen und Nacktheit in unterschiedlichen Ansichten dargestellt, insbesondere in Erzählungen über Gesellschaft und Kultur. Kürzlich wurde Chari jedoch von einer Museumsausstellung ausgeschlossen, weil ihre Werke Nacktheit zeigten. In einer anderen Gruppenausstellung wurde sie von den Veranstalter:innen aufgefordert, eine Arbeit zu entfernen: Das genähte Werk zeigt den Körper einer Frau, die ein Opfer von Bodyshaming sein könnte. Stattdessen verhüllte sie es mit einem schwarzen Vorhang mit der Aufschrift „Nicht öffnen, ich bin hier drinnen nackt”.

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Mayuri Chari, Werke aus der Serie I Was Not Created for Pleasure [Ich wurde nicht zum Vergnügen erschaffen], 2017/22, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 11.6.–18.9.2022, Foto: Silke Briel

Die Arbeit Monologue of the Vagina, Are You Ashamed of Me? [Vaginamonolog. Schämst du dich für mich?, 2017] basiert auf einer Umfrage, die Chari unter Kommilitoninnen an ihrer Kunstschule über deren Einstellung zu Sex, Nacktheit und ihrem eigenen Körper durchführte. Die Abneigung, solche Themen offen zu diskutieren, führte dazu, dass die Studentinnen sich über Chari lustig machten – ein Mangel an Solidarität, der untypisch in einer so patriarchalischen Gesellschaft ist.

Sumesh-Manoj-Sharma

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Mayuri Chari, I Was Not Created for Pleasure [Ich wurde nicht zum Vergnügen erschaffen], 2017/22, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 11.6.–18.9.2022, Foto: Silke Briel

Ausstellungen

Power & Pulp, 2020, Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan New Delhi, Neu-Delhi (IN)

Broken Foot – Unfolding Inequalities, 2020, Mojarto (IN) (online)

Azulejo – Serendipity Arts Festival, 2019, Panaji (IN)

I Rise. Edition IV, 2019, Art Houz, Chennai (IN)

Words of her seeing, 2019, Conflictorium, Ahmedabad (IN)