Mai Nguyễn-Long lebt und arbeitet in Bulli, Dharawal Country, AU

 

Mai Nguyễn-Long wurde als Tochter eines vietnamesischen Vaters und einer australischen Mutter in Tasmanien geboren und wuchs in Papua-Neuguinea sowie den Philippinen auf. Als Erwachsene lebte sie in Australien, China und Vietnam. Ihr Lebensweg stand im Zeichen von Migration in Zeiten sozialer und politischer Umbrüche und gab Nguyễn-Long die Möglichkeit, ihrer Identität, Geschichte wie auch ihrem kulturellen Erbe einen Sinn zu geben.

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Mai Nguyễn-Long, Specimen (Permeate) [Probe (Permeation)], 2022, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, Akademie der Künste, Hanseatenweg, 11.6.–18.9.2022, Foto: dotgain.info

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Mai Nguyễn-Long, Werke aus der Serie Vomit Girl (Berlin Cluster) [Kotzmädchen (Berlin Cluster)], 2022, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 11.6.–18.9.2022, Foto: Silke Briel

Auf der 12. Berlin Biennale sind zwei Werkgruppen der Künstlerin zu sehen: Vomit Girl (Berlin Cluster) [Kotzmädchen (Berlin-Cluster), 2022)] und Specimen (Permeate) [Probe (Permeat), 2022]. In Vomit Girl (Berlin Cluster) setzt sich Nguyễn-Long mit dem historischen Trauma des Vietnamkrieges auseinander und der durch ihn erzeugten geistigen Spaltung in Norden und Süden, die beide Teil der hybriden Identität der Künstlerin sind. In den Worten von Nguyễn-Long „entsprang das immer wiederkehrende Motiv des Erbrechens aus dem Gefühl, ausgelöscht worden zu sein, über keine Identität, keine Sprache oder Stimme zu verfügen, mit der sich sprechen ließe. Es herrschen erdrückende Traurigkeit und Verwirrung darüber, wie man die tiefen Abgründe ausgrenzender Erzählungen, Missverständnisse, Diskriminierung, Ablehnung und Scham überbrücken könnte.“ Die rustikale Ästhetik (mộc mạc) und Verspieltheit traditioneller vietnamesischer đình-Architektur regten Nguyễn-Long dazu an, mit Ton zu experimentieren und verschiedene Varianten von Vomit Girl (Berlin Cluster) zu schaffen. Die Arbeit stellt ein starkes Symbol des Widerstands dar und ist zugleich eine rituelle Beschwörung von Geistern aus dem Jenseits. Specimen (Permeate) erinnert auf unheimliche Weise an Bilder von Föten und Organen, die etikettiert und in gläsernen Krankenhausgefäßen aufbewahrt werden. Beide Werkgruppen rufen die Katastrophe ins Gedächtnis, die Agent Orange ausgelöst hat und die noch immer das Leben von tausenden Menschen heimsucht. Nguyễn-Longs Arbeiten sind eine eindringliche Erinnerung an dieses schreckliche Verbrechen, das selbst in Vietnam fast vergessen wurde, wo die Schnelllebigkeit des Kapitalismus das historische Gedächtnis verdrängt hat.

Đỗ Tường Linh

Ausstellungen

The Vomit Girl Project: Vigit-Worana-Doba, 2022, TEAM Gallery, University of Wollongong, Wollongong (AU) (solo)

Contemporary Acquisitions From The Collection, 2015, Wollongong Art Gallery, Wollongong (AU)

Neat Severances, 2014, NG Art Gallery, Woollahra (AU) (solo)

Beyogmos, 2014, Wollongong Art Gallery, Wollongong (AU) (solo)

Mai Nguyễn-Long, 2011, Slot, Sydney (AU) (solo)