Jihan El-Tahri lebt und arbeitet in Berlin, DE

 

Jihan El-Tahri ist Filmemacherin und bildende Künstlerin. Sie setzt sich mit Materialität und dem bewegten Bild auseinander. Ihre Arbeiten realisiert sie vor allem als Installationen, in denen sie die Räume zwischen offizieller Geschichtsschreibung und Erinnerung erkundet. Dabei versuchen ihre Werke, jene Momente unserer Geschichte neu zu interpretieren, die keine Spuren hinterlassen haben. So möchte die Künstlerin neue Lesarten anregen und die Perspektiven von alternativen Stimmen des Globalen Südens einbringen.

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Jihan El-Tahri, Complexifying Restitution [Restitution komplexifizieren], 2022, Video, Farbe, Ton, ca. 15′; Text, Videostill © Jihan El-Tahri

Mit ihrer Arbeit Complexifying Restitution [Restitution komplexifizieren, 2022] lädt El-Tahri Betrachtende in den Ereignisraum dieses Projekts ein, das Archivforscher:innen, Künstler:innen und Filmemacher: innen zusammenführt, um das Archiv neu zu interpretieren, zu denken und sich anzueignen. Es geht nicht nur um einen Rückblick. Vielmehr soll vergangenes Wissen – die davon zutage geförderten Bruchstücke – eingesetzt werden, um unsere aktuelle Realität neu deuten und eine andere Zukunft imaginieren zu können. Vor allem aber widmet sich dieses Projekt dem Terrain des Laval-Dekrets. Hierbei handelt es sich um ein Gesetz aus dem Jahr 1934, das Schwarze Menschen in den französischen Kolonien Afrikas verbot, sich selbst zu filmen. Das Gesetz blieb bis in die 1960er-Jahre hinein in Kraft und verwehrte kolonisierten Bevölkerungsgruppen bis zur Unabhängigkeit – oder sogar danach – die Möglichkeit der Selbstdarstellung. Entsprechend wird jedes Stück gefundenes Bildmaterial kritisch untersucht, eingehend geprüft und kontextualisiert, um den Blickwinkel zu bestimmen, von dem aus es uns etwas mitteilt.

Diese künstlerische Auseinandersetzung mit Bildern und Sounds aus unserer Vergangenheit hilft uns bei der Konzeption einer neuen Grammatik, die die Geschichte aus der Position des Globalen Südens heraus betrachtet und sie neu schreibt. Die Rolle des künstlerischen Gedächtnisses beim Schaffen und Umgestalten des Archivs gewährleistet eine ununterbrochene Kette sozialer und politischer Erinnerungen, ermöglicht durch die Übersetzung des Erbes der Vergangenheit in das Vokabular unserer Gegenwart.

 

Joud Halawani Al-Tamimi

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Jihan El-Tahri, Complexifying Restitution [Restitution komplexifizieren], 2022, Video, Farbe, Ton, ca. 15′; Text, Videostill © Jihan El-Tahri

Ausstellungen

Here History Began. Tracing the Re/Verberations of Halim El-Dabh, 2021, SAVVY Contemporary, Berlin (DE)

Biennale de Lubumbashi 2019: Future Genealogies, 2019, Rencontres Picha, Biennale de Lubumbashi, Lubumbashi (CD)

Working Practices: a collaboration with Clark House Initiative, 2018, The Showroom, London (UK)

Egypt’s Modern Pharaohs, 2016, Haus der Kulturen der Welt, Berlin (DE)

Nasser, 2015, MoMA – Museum of Modern Art, New York City (US)

Behind The Rainbow, 2009, Haus der Kulturen der Welt, Berlin (DE)