Florian Sông Nguyễn lebt und arbeitet in Marrakech, MA, und Ho-Chi-Minh-Stadt, VN

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Florian Sông Nguyễn, les chiens errants [Die streunenden Hunde], 2022, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, Akademie der Künste, Hanseatenweg, 11.6.–18.9.2022, Foto: dotgain.info

Zeichnend erforsche ich die Welt, wie ich sie vorfinde. Dabei mache ich mir den meditativen Aspekt dieser Technik zunutze und den kontemplativen Zustand, den sie erfordert. Die Formen, die dabei entstehen, sind durchdrungen von Fragen nach Identität und der Faszination für das Mystische und dessen unsichtbare Gebiete.

Als ich zum ersten Mal nach Marokko kam, lebte ich vier Monate lang im Atlasgebirge. Dort begann ich, streunende Hunde zu beobachten, und hörte viele Geschichten darüber, wie wild sie geworden waren. Sie fraßen Haustiere, griffen Kinder auf dem Schulweg an und so weiter. Später, in Tanger, erfuhr ich, dass diese Hunde so zahlreich geworden waren, dass sie oft von der Polizei erschossen wurden. Im Internet kursierten Bilder von einer dieser Tötungen; die Menschen empörten sich darüber und wurden aktiv. Ich fragte mich, was das über uns aussagte, was sie mit den Kadavern machten, nachdem sie sie mit Metall durchlöchert hatten.

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Florian Sông Nguyễn, les chiens errants [Die streunenden Hunde] (Detail), 2022, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, Akademie der Künste, Hanseatenweg, 11.6.–18.9.2022, Foto: dotgain.info

Ich fuhr damit fort, streunende Hunde am Strand zu beobachten. Manche suchen nach einem Herrchen oder Frauchen, andere nur nach ein bisschen Zuneigung. Da gab es diese beiden Hunde, die im Freien mit einem Mann zusammenlebten und ihre Zähne zeigten, wenn ihnen jemand zu nahekam. Sie schienen in einer anderen Welt zu leben und gleichzeitig an der Welt der Menschen teilzuhaben. Welten in Welten, die Menschen und Tiere untereinander aushandeln.

Ich projiziere meine Gedanken auf diese Hunde; ich hüte sie im Wald meiner Symbole. Manche Grenzen sind durchlässig, und nachts, wenn sie in Rudeln herauskommen, um den Müll zu durchwühlen, dringt ihr Bellen in meinen Schlaf ein. Sie verändern meine Träume, so dass ich mich selbst als Hund wiederfinde, der mit ihnen umherzieht und unter dem schwarzen Himmel in die Luft schnappt.

Florian Sông Nguyễn

Ausstellungen

Tuer nos Monstres, 2020, Metaxu, Toulon (FR) (solo)

INSEXT you know insects too need love, 2019, Zigzagger, Ho Chi Minh City (VN) (solo)

Low Res – Matérialisations primitives, 2019, Rue de Tanger, Casablanca (MA)

Brightness, 2018, SPRMRKT at STPI, Singapore (SG) (solo)

The Gesture of Memories, 2017, L’Institut français de Hanoi, Hanoi (VN) (solo)