Binta Diaw lebt und arbeitet in Mailand, IT

Die in Italien geborene und aufgewachsene Künstlerin senegalesischer Herkunft Binta Diaw setzt sich mit den multiplen Identitäten auseinander, die sie selbst als junge Frau aus der afrikanischen Diaspora in Europa in sich trägt. Die eigene Erfahrung weitet sie auf die Erfahrungen Schwarzer Frauen mit ähnlicher Geschichte aus. Wie in allen afrikanischen Traditionen und Gemeinschaften, in denen die wesentlichen Ketten von Wissens- und Erinnerungsweitergabe durch matrilineare Abstammung gebildet und definiert werden, ist die Symbolik der Haare auch in ihrem Leben sehr präsent.

1

Binta Diaw, Dïà s p o r a, 2021/22, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 11.6.–18.9.2022, Foto: Silke Briel

Im Zuge des atlantischen Sklav:innenhandels wurden Millionen von Afrikaner:innen brutal ihrer Heimat entrissen und nach Amerika gebracht, wo sie auf Baumwoll-, Reis-, Zuckerrohr-, Bananen-, Kakao- und Tabakplantagen arbeiteten. Die versklavten Menschen, die tief in ihren Kulturen und Traditionen verwurzelt waren, bewahrten sich ihre Rituale und kollektiven Gesangs- und Tanzpraktiken als einen Akt des Widerstands und Überlebens und konnten so die spirituelle Verbindung zu ihrem Mutterland aufrechterhalten. Voller Entschlossenheit und von innerer Kraft getrieben zeichneten versklavte Frauen mit Hilfe von Haarflechttechniken Karten der Plantagen nach, um Fluchtpläne zu verbreiten. Es war üblich, Saatgut in den Zöpfen zu verstecken, um in zukünftigen Siedlungen in der Freiheit leben zu können.

2

Binta Diaw, Dïà s p o r a, 2021/22, Installationsansicht, 12. Berlin Biennale, KW Institute for Contemporary Art, 11.6.–18.9.2022, Foto: Silke Briel

Ausgehend von dieser Geschichte sucht Diaw nach Antworten auf Fragen zur aktuellen Migrations- und Identitätspolitik. Mit Blick in die Zukunft säht die Künstlerin ihre gefundenen Samen aus und lädt uns dazu ein, Zeug:innen ihrer Keimung zu werden – ein Symbol des langjährigen Wunsches, das historische Trauma zu heilen.

Marie Helene Pereira

Ausstellungen

Les tirés ailleurs, 2022, ChertLüdde, Berlin (DE) (solo)

Unraveling the (under-) Development Complex, 2022, SAVVY Contemporary, Berlin (DE)

Dïàspora, 2021, Galerie Cécile Fakhoury, Abidjan (CI) (solo)

It Is Not Wrong To Go Back and Take Something You Forgot, 2021, Una Boccata d’Arte – Monastero Bormida, Monastera Bormida (IT) (solo)

I have this memory, it is not my own, 2020, Galerie Cécile Fakhoury, Dakar (SN)

Nero Sangue, 2020, Museo MA*GA, Gallarate (IT) (solo)

Artefici del nostro tempo, 2019, Centro Culturale Candiani, Venedig (IT)